Ich bin eine Schlampe 

In welcher Zeit leben wir denn?

Du willst nicht, dass ich mich wie eine Schlampe fühle, indem du mich wie eine fühlen lässt. Clever.

Ich verstehe gar nichts mehr, aber das macht nichts, denn du verstehst noch weniger.

Das war so: Bar, jemanden kennengelernt, zwanzig Minuten gequatscht, kein Flirten, kein Versuch, mich zu küssen.

Aber dann: Er fragt, ob ich jetzt mit zu ihm nach Hause komme, die Nacht mit ihm verbringe. Er habe sogar aufgeräumt, das Bett frisch bezogen. Aha.

Zwanzig Minuten. Zu knapp für ihn, um zu fragen, ob ich was trinken will. Aber ausreichend Zeit für mich, um vor Sehnsucht nach ihm zu sterben?

Meine Antwort überrascht ihn. Nein. „Ah. O.k.“ Er hätte mich aber auch nicht für „so eine“ gehalten, wenn ich doch mitgegangen wäre. Das wolle er mir noch sagen, bevor er jetzt geht. Sich einen Wodka-Mate holen. Denn er hat jetzt Durst. Ach was. Beim Wodka wäre ich doch dabei gewesen. Nur beim Sex eben nicht.

Kannst du das nicht verstehen?

Nein, ich hatte keine Angst, dass du oder sonst wer denken könnte, ich sei eine Schlampe, wenn ich mit dir nach Hause gehe.

Ich wollte einfach nicht mit dir nach Hause. Weil ich einfach nicht wollte. Weil ich einfach dich nicht wollte. Weil ich einfach keinen Sex mit dir wollte. Weil du dir einfach keine Mühe gegeben hast. Weil du einfach total uninteressant für mich bist. Weil ich einfach nicht auf dich stehe. 

Weil man auch einfach mal einen Wodka ohne Mate trinken kann. Und mit jemandem die Nacht verbringen kann, ohne mit ihm die Nacht zu verbringen.

So einfach ist das. Wodka ja, Sex nein. Dann hätten wir das ja jetzt geklärt.

Ich will mit dir das schlechteste Date aller Zeiten 

Das perfekte Dinner — Plastikgeschirr, Kaffeeweißer, ich zahle

Ich will mit dir das schlechteste Date aller Zeiten.

Ich will, dass ich dich frage statt du mich. Curry 36 statt Bocca di Bacco. Plastikgeschirr statt Kristallgläser. Du holst mich nicht ab. Ich muss zahlen. Du isst so laut, dass ich den Verkehr am Mehringdamm nicht höre. Ketchup hängt dir im Bart, landet auf deiner Lederjacke. Ist dir egal. Du gibst dir keine Mühe, mir zu gefallen.

Zwischen Pommes und Schultheiss höre ich „ich, ich, ich“, niemals „du“, erst recht nicht „wir“. Kein Nachtisch. Ich bin satt.

Ach, wäre das schön. Ein Traum-Date. Das wird einfach toll, weil einfach wahnsinnig schlecht. So soll es sein, so stelle ich es mir vor.

Ich will mit dir das schlechteste Date aller Zeiten.

Weil ich dich dann endlich aus meinem Kopf verbannen kann. Dich und die Vorstellung, dass du so toll bist und daher alles mit dir toll wäre.

Die Wahrheit hinter der Currywurst-Idee ist, das mit uns geht jetzt alles schon viel zu lange. Das, was nicht passiert. Zu oft habe ich mir ausgemalt, was ich alles mit dir machen würde. Am Ende ist der Traum größer als die Realität. Die Wahrscheinlichkeit, dass alles wirklich so aufregend sein würde, kleiner, als ich es mir ausgedacht habe.

Von daher: Lass es uns einfach tun. Ein Date. Ich bin bereit. Ich bin dafür bereit, dass es richtig schlecht wird, die Träume hinter meinen verschlossenen Augen verschwinden, ich endlich aufwache.

Nein, ich mache mir wirklich keine Hoffnung, dass es am Ende doch fabelhaft sein würde. Ich will nicht mehr weiterträumen. Ich will endlich aufwachen. Ohne dich.

Die erste große Liebe – wir messen alle anderen an ihr

img_1284Es gibt diesen einen Menschen. Fast jeder hat ihn in seiner Geschichte. An ihm messen wir alle, die uns fortan begegnen. Er war der Erste. Er hat uns gelehrt, was Liebe ist. Er ist alles, was wir über sie wissen.

All das Schöne.

Das Herz, das sich überschlägt, wenn wir ihn sehen, die Hand, die warm in seiner liegt, die dunklen Augen, die in uns durchblicken, das Aussetzen des Atems, wenn wir das merken.

All das Schlechte.

Das Aussetzen des Herzschlags, wenn wir durchblicken, dass er auch die Hand einer anderen hält, die Hilflosigkeit, wenn er sie anschaut wie uns, die Ohnmacht, der Streit, die Trennung, die Versöhnung.

Alles von vorne. Zurück zum Anfang. Zurück zu ihm. Da wir wieder wollen, dass er unsere Hand hält. Wir wollen Liebe. Also ihn. Wir kennen ja nichts anderes.

Bis irgendwann ein anderer kommt, der uns anders liebt. Ohne Auf und Ab. Weniger Herzschlag. Dafür keine Lügen. Kein Kampf. Kein Drama.

Also konstruieren wir selbst eins. Machen Schluss. Wollen, dass es uns zerreißt, wollen, dass es ihn zerreißt und die Versöhnung umso intensiver wird.

Ach, Mann. Wir haben all die Jahre Liebe mit Schmerz verwechselt.

Das merken wir jetzt. Jetzt, als der Neue weg ist. Jetzt, als er nicht mehr zurückkommt. Und es wieder wehtut. Diesmal anders. Diesmal vielleicht sogar noch mehr.

Da haben wir unser Drama.

Aber keine Liebe.

Happy Birthday, Liebe!

Salvation Mountain, California

Das Schönste am neuen Jahr ist, dass ich gleich Geburtstag feiere. 
Nicht meinen, sondern den meiner 50 wöchentlichen, rosaroten Zeilen. 

Die Liebe hat also Geburtstag. Zum zweiten Mal. Und das ist doppelt Grund zum Feiern.

Vielleicht dachten einige, die schreibt das ein Jahr, dann ist aber auch gut damit, denn soo lange kann man ja nicht Single sein. Nicht in einer Großstadt wie Berlin, wo die Auswahl ja reichlich ist. Na ja, sagen wir „sein müsste“.

Was soll ich sagen? Doch. Ich schreibe noch.

Soll ich jetzt lachen oder weinen? Da das Jahr noch jung ist, ich nicht mehr, bleibt mir nichts anderes übrig, als zu lachen. Spaaaaß! Der Satz lautet natürlich richtig: Da das Jahr noch so jung ist, ich daher noch guter Dinge bin, dass es genau so wunderbar wird wie das letzte, deshalb lache ich. Und zwar aus vollem Herzen.

Mein Leben lief bisher selten so wie geplant. Besonders in den letzten zwei Jahren. Aber neulich habe ich mich gefragt, ob ich glücklicher wäre, wenn alles so gekommen wäre wie gedacht. Ich glaube nicht.

Man muss das annehmen, was einem geschenkt wird. Nichts ist selbstverständlich, alles wertvoll.
Wie der Trip mit Freunden nach Dubai, der Festivalbesuch mit der Clique oder der tägliche Job.

Ich darf reisen, habe die treuesten Freunde und gehe gern zur Arbeit. Meistens jedenfalls.

Das ist doch eine ganze Menge. Man muss die Feste feiern, wie sie fallen. Und ich feiere meinen Geburtstag seit zwei Jahren zweimal. Prost, auf euch!

Seitdem du da bist

Es wäre ein ganz normaler Tag. 29 Jahre lang war es das auch. Ein ganz normaler Tag. Bis du gekommen bist. Jetzt bist du da.

Seit nun schon drei Jahren. Und du wirst das hier alles gar nicht lesen. Und du wirst manches vielleicht noch gar nicht verstehen. Das, was wir für dich veranstalten.

Warum im Wohnzimmer so viele Luftballons sind, warum heute alle ein bisschen mehr am Rad drehen als sonst, warum du ein kleines bisschen länger aufbleiben darfst und ein kleines bisschen mehr Süßkram essen darfst. Aber du spürst, es geht um dich. Und mehr musst du nicht wissen. Denn darum geht es. Um dich. Und heute noch ein bisschen mehr.

Weil wir so froh sind, dass es dich gibt. Und jede Sekunde deines kleinen Lebens, jedes Quieken deines Lachens ist es Wert, zelebriert zu werden.

Gerade an diesem Wochenende. An deinem Geburtstag.

Jetzt wirst du die drei Kerzen ausgeblasen haben, die vielen kleine Päckchen ausgepackt haben. Von mir gab es extra viele. Es ging weniger um den Inhalt. Ich weiß, du packst so gerne aus. Du bist neugierig. Wie ich. Deine Patentante.

Ach, Kleine! Wenn du wüsstest, was du noch alles entdecken wirst. Deine Augen werden noch so viel größer, dein Lachen immer lauter, deine Sprünge riesengroß.

Und mein Herz wird dabei immer leichter.

Happy Birthday, Emelie. Ich werde mit dir noch so viel auspacken, du wirst staunen!

Warum muss man gehen lassen, was gut ist?

Über den Dächern Berlins: Hallo 2017!

Ich halte das eine Ende zwischen Zeigefinger und Daumen, es wird immer heißer, gleich verbrenne ich mich. Aber das weiß ich noch nicht, bin zu abgelenkt von dem Funkeln vor meiner Nase.

Happy new year!

Im meiner Hand verglüht das letzte Jahr und ich will nicht loslassen. Ich bewundere jedes einzelne Wunder dieser Wunderkerze, denn das letzte Jahr war wirklich einfach wunderbar.

Und wie so oft verstehe ich nicht, warum man etwas gehen lassen muss, das gut ist. 2016 war mein Jahr. So kann es den Rest meines Lebens bleiben. Ich sehe mich mit meiner Freundin Inna im babyblauen VW Beetle durch die Canyons fahren, Hippie-Hut auf: Zwischenstopp Coachella-Festival, und weiter nach L.A. Und von dort bitte niemals wieder weg.

Jedes Mal beim Vorbeistreifen an den endlosen Palmen, die noch dünner sind als die Frauen hier, staunen. Ich bin in die Kulisse von „Beverly Hills 90210“ gehüpft. Und nein, es ist keine Serie. Es ist alles wahr. Es sieht wirklich alles so aus und es fühlt sich wirklich alles so an. Nur Herzensbrecher Dylan McKay habe ich 2016 übersehen. Ich muss zurück in meine Traumwelt Hollywood. Niemals aufwachen.

Gebucht. Ich fliege in drei Wochen wieder nach L.A. Warum muss man das gehen lassen, was gut ist? Ich mache da nicht mit. Ich gehe nicht, ich komme. 2017 wird mein Jahr. 2016 reloaded eben.

Ich zünde noch eine Wunderkerze an, halte sie diesmal ganz am Ende. Ich verbrenne mich nicht, kann mich diesmal ganz auf das Funkeln konzentrieren.

Happy new year!

Das erste Silvester ohne ihn

 

Soho House Berlin


Am 1. Januar wären sie fünf Jahre zusammen. Wäre da vor ein paar Wochen nicht der 3. November gewesen.

Sie weiß genau, wie er war. Dieser Tag vor fast fünf Jahren. Sie wollte nicht zu der Silvester-Party, auf der sie drei Stunden stumm neben Sarah saß.

Teil 1 des Freundinnen-Deals: Sie musste mit niemandem sprechen. 2011 war nicht ihr Jahr. Ihr war nicht nach reden, nicht nach feiern.

Teil 2 des Freundinnen-Deals: 2011 verabschieden, um 2012 begrüßen zu können. Zumindest müsse sie es versuchen. Sie kannte niemanden und so sollte es auch bleiben.

Bis er sich neben sie setzte. Er redete auf sie ein, ließ sie nicht gehen. Er hielt sie fest. Fast fünf Jahre lang.

Am 1. Januar wären sie so lange zusammen gewesen. Wäre da vor ein paar Wochen nicht der 3. November gewesen.

An dem sie nicht an das denkt, was schön war, sondern an das, was sie nicht mehr will. Dass er nie mit ihr ans Meer fährt. Dass er sie nicht mehr ansieht wie früher. Dass er nicht mehr sagt, dass er sie liebt.

An Silvester muss sie kurz an dieses Silvester von damals denken. Sarah ruft an. „Ready für heute Abend?“ Ja. Sie kommt mit. Sie will aber mit niemandem sprechen. Sarah sagt, das ist okay. Deal.

Sarah wusste, dass er sich dieses Jahr nicht neben sie setzen wird, sie nicht festhalten wird. Nicht an diesem Abend, nicht die nächsten fünf Jahre. Er ist mit seiner Neuen über die Feiertage ans Meer gefahren. Aber das sagt sie nicht. Nicht mehr in diesem Jahr.

Sie soll 2016 verabschieden, um 2017 begrüßen zu können. Zumindest müsse sie es versuchen.