Er hat sich nicht in mich verliebt. Weil ich nicht ich war.

Foto: Florian Wassily Kazimirski

„Und was mich am meisten ärgert: Er hat mich nie richtig kennengelernt“, erzählt mir eine Freundin.

Sie ist verliebt. Jetzt ist es aus. Und daher mag sie ihn nun noch ein bisschen mehr.

Ihre Vermutung: Es hat nicht geklappt, weil sie bei ihm nie sie selbst war. Sie versuchte immer, anders zu sein. Denn sie wollte ihm gefallen.

Er ist der Typ Abenteurer. Ständig auf Reisen. Immer unterwegs. Kommt zurück mit den tollsten Geschichten.

Deshalb sprach sie mit ihm über die Drogenpolitik in Mexiko, Dschungeltouren in Thailand, Wild campen in Norwegen. Auch wenn sie nie dagewesen war und keine Ahnung hatte, wovon sie sprach.

Sie wollte den Typ Abenteuer. Also war sie Typ Abenteuer.

Dabei ist sie viel mehr Typ „simple life am Pool liegen und die kleinen Dinge genießen“.

Aber das hat sie sich nicht getraut zu sagen, denn dann hätte er ja gedacht, sie sei zu langweilig. Dachte sie.

Wenn er wüsste, dass ich mir bloß ausmale, welches Kleid ich zu unserem Dinner am Strand anziehe und wie ich mir an dem Abend für ihn die Haare mache, würde er mich oberflächlich finden.

Dabei wollte er doch einfach nur ein einfaches Mädchen.

Bei dem er mal nicht das Gefühl hat, auf Reisen zu sein. Bei der er endlich ankommen kann.

Mit der er in Cancún einfach nur am Strand sitzen und an ihren Haaren riechen kann. Kokosduft. Das weiße Kleid mit den gestickten Blüten hätte ihm sicher gefallen.

Er wollte doch einfach nur ein einfaches Mädchen. Das so ist, wie es ist.

Das so ist, wie sie ist.

Nein, Mann, ich bin nicht gerne Single. Deshalb:

 

 

JA, Mann, das ist voll cool. Als Single kannst du dein Leben voll genießen. Party bis morgens um 11 Uhr.

JA, Mann, mache ich ja genau so.

In Berlin. In Los Angeles. Ich flirte, habe Spaß, lande nachts in irgendeinem Pool, plane den nächsten Tag, um am Morgen alles umzuschmeißen, wenn ich barfuß im Hellen nach Hause gehe. Ganz so, wie ich es gerade will. Herrlich. Aber eigentlich ganz so, wie mein Leben als Nicht-Single auch war.

Doch eine Sache ist anders. Die Männer. Manche sehe ich jetzt anders. Die, die glauben, dass ich doch UNBEDINGT jetzt einen Mann brauche. Nämlich SIE! Weil ich ja diese tieftraurige Single-Kolumne schreibe, die längste Kontaktanzeige Berlins.

NEIN, Mann, Singles müssen nicht froh sein, IRGENDWEN abzubekommen.

NEIN, Mann, Singles fühlen sich nicht erst zu zweit komplett. Ich muss auch nicht jeden wollen und bin deswegen nicht gleich arrogant. 

… Also zumindest deswegen. Ich bin das: romantisch. Der eine Mann oder kein Mann.

BREAKING NEWS: Man fällt nicht um, wenn man alleine ist. Ich habe zwei Beine und tanze. Kein Drahtseilakt. Ich habe zwei Hände und würde euch winken. Geht nicht: trinken. Links Gin, rechts Tonic.

Noch was: Diese Zeilen sind keine Single-Kolumne. Es geht um die Liebe. Nicht um Männer. Aber, liebe Leser, seid nett zu den Boys, sollte doch mal einer hier auftauchen. Es geht ohne Männer. Aber mit manchen ist es manchmal auch ganz okay.

Was wir wollen und was wir brauchen

 

Während wir auf den einen warten, verpassen wir den anderen


Was wir wollen, ist das eine. Was wir brauchen, das andere.
Wir wollen ja irgendwie schon diesen coolen Typ in der noch cooleren Verpackung. 

Seine Socken mit Spongebob Schwammkopf passen so gut zu unserem Lieblings-Fernsehprogramm. Seine Bandshirt-Sammlung passt so gut zu unserem Musikgeschmack. Sein Tequila so gut zu dem gemeinsamen Sunrise über den Dächern von Berlin.

Es wird hell, wir waren blind. Oberflächlich.

Denn der Schwammkopf guckt echt nur Spongebob, keinen Peter Klöppel, und war noch nie auf einem „Bring me the Horizon“-Konzert. 

Uns ist kalt. Der Tequila alle.

Er legt seinen Arm nicht um uns. Geht weiter feiern. Ohne uns.

Es ist jetzt Tag und wir sagen Gute Nacht. Das war’s!

Wir wollten den Typ, der so gut in unserer Schweden-Bettwäsche aussieht, dessen Hut gut zu unserer Lederjacke passt. Sein Schatten war so groß, dass wir den schmächtigen Kerl dahinter gar nicht gesehen haben. 

Freie Sicht auf Mr. EigentlichGarNichtUnserTyp. Halbes Hemd statt Holzfäller-Shirt.

Aber Inhalt statt Verpackung.

Wir denken noch: falsch, falsch, falsch. Aber dieser Typ macht einfach alles richtig.

Er schaut uns an, wenn er mit uns redet. Er hört uns zu, wenn wir was Wichtiges sagen, und legt seinen Arm um uns, wenn uns kalt ist. 

Der Tequila ist wieder leer, aber die Party geht weiter. Diesmal zu zweit.

Die Sonne geht auf, wieder unter, wieder auf. Und er ist immer noch da, schaut uns immer noch an, hört uns immer noch zu.

Und uns ist immer noch warm.

Willkommen in meiner Villa Rosa

Habe auf Mallorca ein Haus gefunden, das meinen Namen trägt: Villa Rosa.

Haus am Meer hätte ich also schonmal. Fehlt  nur noch der Mann.

Ab 17 Uhr werden montags-sonntags übrigens rosarote Cocktails serviert.

Ich lade Euch herzlich in meine Villa Rosa ein. 

 

Sie ist die verdorbene Sahne auf meinem Schokoeis 

Ich schaue sie mir an und verstehe es wirklich nicht.

Die Frau ist kleiner als ich, deshalb kann ich ihr auf den Kopf schauen. Sie hat fettige Haare. Braun. Kurz. Nur kurz in Mode gewesen: Mireille Mathieu. Das Kleid sieht aus als wäre es von der Queen. Nicht royal. Noch nie in Mode gewesen. Nur Elizabeth II. kann und darf das tragen.

Ihr Gesicht ist aufgequollen, sie sieht alt aus. Die Neue von dir, meiner alten Liebe. Ich erfahre: sie ist jünger, angeblich genauso groß wie ich, und das in ihren Haaren sei Gel. Das Kleid stehe ihr übrigens total toll. Findest du.

Ich versuche sie ganz neutral zu betrachten. Nicht als die Neue, die das hat, was ich will. Dich. Sondern als ganz normale Frau. Es hakt. Es hakt an den Pfennigabsätzen, dem Bauchansatz, der Brille trotz Sehstärke.

Was um Himmels Willen findest du an ihr? Warum sie, nicht mehr ich?

Wenn Bilder schmecken würden, wäre sie die verdorbene Sahne auf der Kugel Schokoeis. Du bist Schoko.

Doch schmeckt die Sahne nicht, schmeckt die Kugel auch nicht mehr. So ist es mit dir. Das Eis ist verschmolzen. Alles sauer jetzt.

Sie hat dich downgegradet.

 

Nach Monaten Schockstarre sehe ich endlich klar. Nichtmehr blauschwarz, nicht mehr rosarot.

Erinnerung an uns weg. Sie immer noch da. Was ich jetzt sehe: ein Paar, das besser nicht zusammenpassen könnte. Sie trägt immer noch dieses „Gel“ in den Haaren. Du jetzt auch – in den Strähnen, die Dir geblieben sind. Oder sahst Du immer schon so aus?

Gott, war ich verliebt. Gott, war ich blind. So wie er jetzt.

 

Wir tanzen zu dem Beat vom längst vergessenen Liebeslied

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Blackbox. Darin tanzen wir. Immer und immer wieder zu demselben Song

Ich flirte, ich lache, ich tanze. Eigentlich geht‘s mir gut. Im Leben generell. Auf dieser Feier speziell. Doch dann kommt dieses Lied.

Unser Lied.

Zu dem WIR gelacht, WIR getanzt haben. In der Küche beim Mehlknödelkochen, auf dem Sofa beim Omas Chenet-Wein süffeln.

„You are like the sun. And I am earth. Together we are one“.

Ich bin mit vielen auf der Tanzfläche. Aber plötzlich allein. Durchs Ohr ins Herz: Seitdem Du weg bist, bin ich nichts mehr. Ein einsamer Stern, völlig losgelöst, der planlos im Weltall schwirrt. Oder auf der Tanzfläche. Erlischt. Alone you are nothing. Aber das singt die Band Moving Mountains nicht.

Weitertanzen. Links, rechts. Wie damals in der Küche beim Mehlknödelkochen.

Im Takt bleiben. Dann merkt niemand, dass der Kloß in deinem Hals immer größer, die Krokodilsträne in deinem Auge immer praller wird. Da, da kullert sie. Diese Melancholie ist selbst für sie zu schwer. Sie zieht runter. Wie dieses Lied. Das zieht mich runter. Scheiss Vergangenheit.

Manchmal frage ich mich, ob es nicht besser wäre, wenn wir all diese schönen gemeinsamen Momente nicht erlebt hätten. Dann wüssten wir nicht, was fehlt. Dann wäre Lied Lied, hätte keine Bedeutung. Es wäre einfach nur da. Dann wärst Du Du, hättest keine Bedeutung. Es wäre egal, dass Du nicht mehr da bist.

3:23. Das Lied dauert 4:13 Minuten. Weitertanzen. Links, rechts. Wer macht so einen Song auf einer Feier an?!

Ach ja. Ich. Manchmal zieht es einen eben in die Vergangenheit. Weil in der Gegenwart etwas fehlt. Du.

„You are like the sun. And I am earth. Together we are one.“

Ich tanze weiter. Links, rechts. Bald hört es ja auf.

Das Lied.

Verdammt. Repeat.