Seine Neue ist fett, hässlich und alt.
Außerdem natürlich total dumm. An dieser Stelle stimmen alle Freundinnen im Chor ein: “Jaaa, hast du ihr Kleid gesehen? Wer drängt sich denn bitte mit so einer Figur in den Fetzen? Geht ja gaaaar nicht.” Sehr gute Freundinnen. Sie müssen das sagen, ob es stimmt oder nicht.
Aber natürlich stimmt es. Aus unserer Sicht.
Und dann vergleichen wir sie mit uns. Sie: Ü30, Beruf: Lehrerin, Musikgeschmack: was im Radio läuft, Frisur: braunkurzirgendwas, Figur: keine. Sorgen: die Divergenz bilateraler Beziehungen unter besonderer Berücksichtung suprahomogener Präsumption. Hobbys: lesen. Wir: 20something, Beruf: irgendwasmitMedien, Musikgeschmack: Tanzen bis in den Morgen, Frisur: blonder Stufenschnitt mit rosa Spitzen, Figur: garnichtmalsoübel, Sorgen: dass, das “Bring me the Horizon”-Konzert in Karlsruhe schon ausverkauft ist, Hobbys: auf dem Skateboard ins Balletttraining oder in die Bandprobe fahren.
Und ab jetzt kommt ein Hobby dazu: seine Neue auf Facebook stalken. Aus rein wissenschaftlichen Gründen versteht sich. Schließlich wollen wir kapieren, was er an ihr bloß findet.
Nach tagelangen Socialmedia-Expeditionen, abgebrochene Studien darüber, ob uns ein maskuliner Kurzhaarschnitt auch stehen würde, dann endlich das Ergebnis:
Das damalige Ende der Beziehung war für ihn genauso bitter wie für uns. Vielleicht sogar noch bitterer. So wie Zooey Deschanel als Jess in “New Girl” ihren “Anti-Nick” gesucht hat, um über genau den hinwegzukommen, so hat er jetzt unser “Anti-Wir” gefunden. Damit er nicht mehr daran denken muss uns küssen zu wollen, küsst er die Neue. Übersprungshandlung. Und damit er nicht weiterhin an unseren knackigen Po denken muss, hat sie eben gar keinen oder einen viel zu großen.
Aber dafür hat sie natürlich andere Qualitäten, denn zum Beispiel ist sie ja sooooo lustig, erfahren wir über sie. Jaja, das wird auch der einzige Grund sein, warum er mit ihr zusammen ist: lachen ist bekanntlich die beste Medizin und lenkt vom Kummer ab. Und Verdrängung ist ein typischer Abwehrmechanismus. Erst leugnen, verdrängen, Gefühle auf jemand anderes übertragen, und irgendwann mal verarbeiten (Freud advanced). Wenn man nämlich merkt, dass man sich selbst nicht mehr belügen kann.
Kettenreaktion: während sie ihn zum Lachen bringt, und ihm so über uns hinweg hilft, dürfen wir getrost über sie lachen. Und ihren Allerwertesten. Tut es so laut ihr könnt, so oft Ihr wollt.
Denn, wenn auch er (noch) nicht ehrlich zu sich selbst ist und checkt, dass sie nur das Anti-Wir ist, das ihn ablenkt, sind wir es wenigstens zu uns. Und das heißt: Ob sie fetter ist als wir, hässlicher, älter oder dümmer, eigentlich sind wir es doch, die ihn zurückwollen. Und noch eigentlicher tut es verdammt weh, dass wir das trotz angeblicher Supermodel-Maße und Supergirl-Qualitäten nicht auf die Reihe bekommen.
Und deshalb lästern und lachen wir. Denn Lachen ist ja bekanntlich die beste Medizin gegen Kummer.
#bytheway: Alle “New Girl”-Zuschauer wissen es ja schon, Jess und ihr Nick kommen in der Serie doch noch zusammen. Also: Who’s that Girl – it’s us. (Titelsong)
“Das rosa Herz aus Kirschblüten habe ich beim Joggen entdeckt. Da musste ich sofort an Dich und Deinen rosaroten Blog denken.”
Danke dafür meinem lieben Kollegen Tom Kielhorn, der übrigens gerade seinen ersten Roman “Der UDW-Mann” herausgebracht hat. ;)
Die Fortsetzung des Herz-aus-Kirschblüten-Romans: Tage später lag es immer noch so da. #thisislove #herz #liebe
Um diese Frage zu beantworten, mache ich mich auf die Suche nach ihr.
Ich sammle 1. Definitonsversuche, blättere 2. in Psychologiebüchern, lese 3. alte Liebesbriefe.
1. Liebe stammt von dem mittelhochdeutschen Wort liep, was Gutes, Angenehmes, Wertes bedeutet. Sie ist die stärkste Zuneigung und Wertschätzung, die ein Mensch einem anderen entgegenzubringen in der Lage ist. Aha.
2. Liebe als emotionale Reaktion meint, dass der Liebende durch die Präsenz eines bedeutsamen alter Ego eine wiederkehrende Gefühlsregung multipler Art erlebt. Sie zeugt von der Höchstrelevanz des anderen für die eigenen Ziele und Bedürfnisse und signalisiert eine Handlungsbereitschaft in Richtung des Aufbaus einer intimen Bindung. Oho.
3. “Liebe Evelyn, ich werde immer für Dich dasein.” Einen Monat später ward er nie mehr gesehen. Nun ja.
So viel zur Theorie. So komme ich nicht weiter. Die Liebe steckt nicht in Büchern, also rauf auf das Skateboard, rein in die Stadt. Auf meinem Feldzug an einem späten Sonntagmorgen durch Berlin entdecke ich auf der Warschauer Brücke ein junges Pärchen. Er: hängt mehr auf ihr, als dass er sie im Arm hält. Sie: ist mehr verliebt in das Gefühl der nie endenden Großstadt-Feier als in ihn, glaubt, dass das der Abend ihres Lebens war. Beide blicken nicht, dass die längst aufgegangene Sonne ihre Lüge schon durchleuchtet hat. Gefunden im Nachtleben auf der Suche nach sich selbst, zusammen hält beide nur noch der Restalkohol und der Rest rosa Partystaub, der in wenigen Stunden von ihnen abgefallen sein wird.
Das ist die Berliner Party-Touri-Liebe, aber nicht meine.
Ich halte Ausschau nach mehr Beständigkeit, einem Oma-Opa-Paar. Letzte Woche auf dem Weg zur Arbeit habe ich es gesehen. In Kreuzberg. Zwei etwa Achtzigjährige in vielfältiger Grau-Beige-Kombi nach ihrem Einkauf. Er trägt ihre Tüten. Aber nur in der einen Hand, denn in der anderen hält er sie. Zwischen Tüten und Taschen und vermutlich Jahrzehnten gemeinsamer Ehejahre ist immer noch Platz und Zeit um ihre Hand zu halten.
Für mich war dieses Bild alles andere als eine Variation in Grau und Beige, es war das Farbenprächtigste, Lebendigtse, das ich seit Langem gesehen habe. Leider suche ich die beiden heute vergebens.
Ich muss an meine Oma denken. Ich fahre nach Hause, um mit ihr zu telefonieren. Sie sagt, dass bei ihrer Nachuntersuchung alles gut ausgegangen ist. Mir fällt ein Stein vom Herzen. “Ich hab Dich lieb”, platzt aus mir raus. “Und ich Dich erst. Noch viel viel mehr”, antwortet sie. Mein Herz hüpft und ich bekomme feuchte Augen.
Die Liebe habe ich heute nicht gefunden. Sie mich.
“Als wir uns liebten, liebten wir uns selbst nicht. Als wir uns den Krieg erklärten, gaben wir uns schon verloren. Als wir geschlagen waren, bemühten wir die Geschichte. Als wir allein waren, übertönten wir sie mit Musik. Als wir uns trennten, blieben wir am gleichen Ort.
So lagen wir uns bald wieder in den Armen und nannten es ein Liebesgedicht, aber kein Liebesgedicht erklärt uns die Angst vor der Liebe, und warum der Himmel so blau war als wir uns trafen, und warum er immer noch blau sein wird wenn wir sterben werden, du für dich, ich für mich.”