Ich will einen Handwerker!

  

Ich will einen Handwerker.

Ich will einen Handwerker, der mir mit seinem Bolzenschneider mein Fahrradschloss aufknackt.

Es ist Frühling, ich will Radfahren, den Schlüssel habe ich im Winter verloren.

Ich will einen Handwerker, denn meine Heizung muss entlüftet werden. Ich kann das selbst, mir fehlt aber das Werkzeug. So ein Schraubenzieher, der um die Ecke geht. So einen kleinen. Den haben nur Männer. Ich nicht.

Ich will einen Handwerker, der mir endlich mein Leben zusammenschreinert. Vier rosarote Wände, einen knarksenden Holzfussboden, weiße Schwedenholz-Verkleidung in der Küche. Einen großen, alten Holztisch in der Mitte, an den alle dranpassen: Mama, Papa, Bruder, Oma, Freunde. Kinder. Und der Handwerker.

Ich mache dann Hirschgulasch und Rotkraut. Für alle. Das Fleisch ist zu trocken, das Rotkraut zu weich. Ich heule, weil ich so wahnsinnig schnell frustriert bin. Aber der Handwerker ist ja da. Er ist handwerklich begabt. Er nimmt mich in seine Spannbreite-1,88m- Handwerker-Arme. Sie umschlingen meine gestauchte 1,66m Komplett-Existenz. Er hebt mich in die Luft und meine Welt wieder in die Angeln. Mein Handwerker. Mit seinen starken Armen.

Dann macht er Mousse au chocolat. Mein Handwerker. Mit seinen zarten Händen. Wenn alle mit verschmiertem Schokoschnuten an unserem Holztisch sitzen und „Mhh“ und „Ohh“ machen, grinst er mich an und behauptet, ich habe den Nachtisch gemacht. Mit meinen kleinen Evelyn-Händen.

Ich brauche einen Handwerker, der mir den Rahmen zu diesem Bild hämmert. Dann hängt er es auf und kuschelt sich zu mir auf die Couch. Die ich ausgesucht, er aufgebaut hat.