Nein, ich habe nicht zurückgeschrieben. Dem Tinder-Typen, dessen erste Frage war, ob wir Sex haben wollen.
Sex: ja, mit dir: nein. Bevor ich ihm die Website eines Escorte-Services schicken konnte, hatte er unsere Chat-Verbindung gelöscht. Er hat es geschnallt, die Tinder-Flamme ist erloschen, bevor ein Funke überspringen konnte. Funkstille bedeutet in diesem Fall: Stille, wo kein Funke ist.
Was mache ich falsch in dieser virtuellen Single-Welt?
Ich gehe die Sache erneut an. Zwar mit altem Tinderella-Prinzip: die Guten ins Töpfchen (in der App nach rechts wischen), die Schlechten ins Kröpfchen (nach links wischen). Aber dieses Mal werde ich die falschen Prinzen in meinem Online-Märchen wirklich vorher aussortieren.
Ein neues Match. Eine neue Hoffnung. Sein Satzbau lässt wie so oft hier zu wünschen übrig. Die virtuelle Welt ist eine ohne Gesetze, also auch ohne die der Rechtschreibung und Grammatik. „For what use tinder?“ („Warum nutzt du Tinder?“), schreibt Fabi, 28, Modeltyp. Ich teste seinen Humor und antworte in seiner Sprache, also unvollständigem Englisch: „Get married, have kids“ („Ich möchte heiraten und Kinder kriegen.“), tippe ich ins iPhone.
Es vibriert an diesem Abend nicht mehr. Keine neuen Nachrichten von Fabi. Das war‘s. Der kürzeste Chat aller Zeiten. An einem Donnerstagabend in Berlin. Mann, Männer! Okay, in jedem Scherz steckt ein Fünkchen Wahrheit. Oder zwei. Aber dieser Spruch musste raus.
Tinderella-Story beendet. Cinderella-Story geht weiter. Im wahren Leben. Bis das Märchen wahr wird.