Die Vergangenheit mit der Post verschicken

Ich möchte ja, aber ich kann nicht. Dreizehn Monate und fünf Tage ist es her, dass ich die Tür hinter mir zugemacht habe. Er hinter mir. Die Zukunft vor mir.

Dachte ich. Doch jetzt ist vor mir immer noch er. Und nur er. Und die Frage, warum ich gemacht habe, was ich gemacht habe. Ob ich nicht hätte noch bleiben können, versuchen können, ausharren können.

Doch ich musste raus. Denn mein ICH hatte sich in diesem WIR schon längst verloren.

Rauf auf mein Skateboard, ziellos durch die Großstadt. Durchatmen. Fragen beantworten. Nach jeder Ecke fühle ich mich freier, kriege wieder Luft. Doch kaum komme ich zurück in meine 40-Quadratmeter-Wohnung mit rosa Wänden, sind die grauen Gedanken wieder da. Ich kann noch so weit laufen…

HIER geht der Text weiter. In meiner wöchentlichen BZ-am-Sonntag und BILD.de-Kolumne…

#Loslassen

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Wenn jemand geboren wird, empfangen wir ihn mit offenen Armen.
Wenn jemand stirbt, stehen wir mit verschränkten Armen vor dem Grab, hüllen unseren Schmerz in schwarz, um ihn mit der Masse der Trauernden zu verschmelzen.

Bis hierhin verlief das Leben so schnell. Jetzt kommen wir nur noch langsam voran.

Wir können versuchen noch so schnell zu laufen – von hier an Schneckentempo.
Nur wenn wir es schaffen für einen kurzen Moment den Blick zu heben und um uns zu schauen, sehen wir, dass die Welt sich weiterdreht.

Wenn wir zurückschauen, werden wir immer Dich sehen.
Daran ändert sich nicht.

Als du gegangen bist, ging ein Stück in mir verloren. Aber ich bin noch da. Ein neues Jahr ist vorüber. Zeit loszulassen.
Amor vincit omnia.

Was von der Liebe übrigbleibt

Wenn wir lieben, werden wir festgehalten. Mit Händen, mit Worten, mit Herz.

Und wenn es vorbei ist, halten wir uns krampfhaft an dem fest, was von der Liebe übriggeblieben ist.

Wir schlafen so lange in seinem T-Shirt, bis der letzte Geruch verflogen ist. Wir schauen uns das Foto aus dem gemeinsamen Urlaub an, bis wir glauben wieder dort zu sein – zu zweit in Südfrankreich am Meer. Und das Herz, das nicht zerbrochen ist, baumelt als Anhänger um unseren Hals. Vielleicht mit eingraviertem Anker. Glaube, Liebe, Hoffnung gab es als letztes Geburtstagsgeschenk.

Get over it!
“Schmeiß das Shirt in die Altkleidersammlung”, sagt Papa. “Komm, wir verbrennen das Foto”, überlegen die Freundinnen.” Geben Sie ihm die Kette zurück”, rät der Beziehungscoach in der Cosmopolitan.

Doch wir hören nicht auf Papa,  gehen stattdessen mit einem Rucksack voll rosaroter Erinnerungen zu unseren Freundinnen. Aus dem Hexenfeuer retten wir im letzten Moment dann doch noch das heilige Urlaubsfoto. Auf den Schreck, fast die ganze Küche in Brand gesetzt zu haben, trinken wir erstmal einen Cosmpolitan statt in ihr zu lesen.

Und im Endeffekt hören wir doch nur auf unser Herz.
Und das sagt: Du bist Du. Er ist er. Immer noch. Auch wenn Ihr nicht mehr seid, was Ihr mal wart, wird er immer ein Teil von Dir sein.

Das T-Shirt riecht mittlerweile nach uns. Das Foto kramen wir nur noch ab und an raus. Aber die Kette tragen wir immer noch. An dem Anhänger halten wir uns fest. Die Gravur ist zwar verblasst, aber der Anker gibt immer noch Halt.

Glaube. Liebe. Hoffnung.

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